Sonntag, 25. Juni 2017

¡Vorsicht Fettnäpfchen! - Höflichkeit in Panama

Wenn man in einer anderen Kultur ankommt, gibt es oft auch andere Regeln was Höflichkeit und Respekt angeht. Und man braucht lange, um diese Regeln zu verstehen, oder um sie überhaupt mitzubekommen. Ständig passieren einem Fehler, oft auch ohne dass man es merkt. Oder andersrum, man fühlt sich unhöflich behandelt, dabei ist das Verhalten vielleicht ganz normal in der fremden Kultur.

In Panama spielt Respekt eine sehr wichtige Rolle. Das merkt man auch schon allein in der Sprache, statt "Höflichkeit" sagt man eigentlich immer "Respekt" und statt "unhöflich" sagt man  "Respektlosigkeit". Will man höflich sein, behandelt man einen mit viel Respekt. Besonders älteren Leuten sollte man viel Respekt zeigen.


¿Tú o Usted? - Duzen oder Siezen?


Stark damit hängt auch das Duzen und Siezen zusammen. Je nach dem, wie sehr man den anderen als Respektperson sieht, duzt oder siezt man ihn. Das bedeutet keinesfalls, dass man Leute, die man duzt, nicht respektiert, mit denen fühlt man sich nur mehr auf einer Ebene. Und Leute, die man siezt, sind nicht unbedingt fremde Leute, das kann auch die eigene Mutter oder der Ehemann sein. Es hat wenig damit zu tun, wie gut man sein Gegenüber kennt, wirklich eher mit der Stellung der jeweiligen Person. Während es uns Deutschen unpersönlich vorkommen mag, seine eigene Großmutter zu siezen, ist das hier mehr oder weniger ein Muss. Alte Leute werden so gut wie immer gesiezt, sie sind große Respektpersonen, genauso wie Personen, die beruflich eine hohe Stellung haben. Ich sieze meine Gasteltern und alle Gasttanten und -onkels, die über 40 sind. Dafür duze ich, wie alle, den Verkäufer im Chino (Mini-Super). Fast alle spricht man mit seinem Vornamen (oder Spitznamen) an, aber heißt das nicht unbedingt, dass man mit allen vertraut genug für DU ist. Siezt man sein Gegenüber, hängt man oft einfach ein "Señor" oder "Señora" vor den Namen. Oft ist es so, dass zwischen zwei Erwachsenen der eine zum anderen Sie sagt, während der andere einen duzt.

Es wird noch komplizierter: Leute, zu denen man eigentlich Du sagt, siezt man in manchen Situationen auch. Besonders Kindern gegenüber wechselt man stark zwischen Du und Sie. Ja, auch Kinder und Babys (und sogar Hunde) werden hier oft gesiezt. Siez-Situationen sind zum Beispiel beim Schimpfen, Erklären von Regeln, sehr direkte Ansprache einer einzelnen Person aus einer Gruppe. Kinder gegenüber will man oft damit zeigen, dass man eine Respektperson ist und erwartet, gesiezt zu werden.



Was sollte man in Panama lieber nicht machen?


Respekt bedeutet auch, dass man dem anderen nicht zu viele Fragen stellt. Fragen kommen oft so an, als würde man sich in Privatangelegenheiten des Anderen einmischen wollen, den Anderen überwachen oder kontrollieren wollen. "Wohin gehst du, wann kommst du wieder, was hast du gemacht, wer war am Telefon, warum hast du das gemacht,..?" Solche Fragen kann man sich vor allem Respektpersonen gegenüber auf keinen Fall erlauben. Wenn der andere will, dass du es weißt, erzählt er es dir auch ohne dass du fragst, wenn nicht, dann nicht. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man nie Fragen stellen darf. Neutrale Dinge wie "Wo ist die Schere, hat der Laden heute offen, gibt es in Panama Mangos, Schneit es in Deutschland?" kann man natürlich trotzdem stellen. An persönlichen Fragen gelten Fragen wie "Wie geht es dir, wie war es in Panama Stadt, schmecken dir Linsen, gefällt dir Panama?" nicht als unhöflich.

Obwohl man hier ständig mit den Händen ist, ist es unmöglich, sich zu viel die Finger abzulecken. Sie bleiben dann halt dreckig, bis man sie sich wäscht oder abtrocknet. 

Wenn man Husten hat, und so husten muss, dass man den Schleim im Hals hört, sollte man dazu unbedingt auf´s Klo gehen und dort den Schleim ausspucken. 

Als Mädchen oder Frau sollte man sich nicht breitbeinig hinsetzen, oder die Beine zu sehr anwinkeln. 

Wenn man angerufen wird und gerade in einer Gruppe zusammen ist (z.B. auf Arbeit), ist es in Deutschland ja üblich, entweder den Anruf abzulehnen, oder zum Telefonieren aus dem Raum zu gehen, um die anderen nicht zu stören. In Panama würde das aber eher so ankommen, als wollte man etwas verbergen und nicht wollen, dass die anderen einem beim Telefonieren zuhören können.

Wenn einem jemand im Weg ist (z.B. wenn man durch eine Tür durch will, oder eine Schublade aufmachen will), sagt man "permiso" (Erlaubnis). Wenn nicht, kommt das unhöflich an.

Wenn man auf eine Frage mit "Nein" antwortet, gehört eine Begründung dazu, wieso "Nein".

Beim Händeschütteln nicht zu fest zudrücken.



Wann sollte man sich nicht wundern, wenn man das Gefühl hat, unhöflich behandelt zu werden?


Da es unhöflich ist, zu viele Fragen zu stellen, sollte man es nicht als Desinteresse deuten, wenn einen nichts gefragt wird und das Gegenüber stattdessen nur von sich selbst erzählt. Kommt man zum Beispiel von einer Reise zurück und es wird höchstens gefragt "Wie war´s?", ist das keineswegs Desinteresse, sondern Respekt. Es wird erwartet, dass man Einzelheiten von sich aus erzählt.

Bitten werden meist wie ein Befehl formuliert. "Bring mir Wasser!" statt "Kannst du mir bitte Wasser bringen?" Bitte und Danke wird oft weggelassen. Das ist keine Unhöflichkeit, sondern einfach Teil der Sprache oder Kultur.

Wie schon im Eintrag über Essen beschrieben, ist es nicht unhöflich, nicht zusammen zu essen. Und sitzt man doch mal zusammen am Tisch, sollte man sich nicht wundern wenn die anderen anfangen zu Essen, bevor alle etwas auf dem Teller haben. Und man sollte sich auch nicht unhöflich behandelt fühlen, wenn alle aufstehen und einen allein am Tisch zurück lassen, wenn man selbst noch beim Essen ist.

Ist jemand scheinbar mehr in sein Handy interessiert, als in sein Gegenüber, sollte man auch nicht beleidigt sein. Das ist hier (leider) sehr normal und kann auch als Mittel benutzt werden, dass kein gezwungenes Gespräch oder eine peinliche Stille ensteht.

Ähnlich ist es mit dem Fernseher. Wird man zum Beispiel als Gast gefragt, welches Fernsehprogramm man sehen will, kommt einem das als Deutschem so vor, als würde man einfach vor dem Fernseher abgesetzt werden, statt dass man sich mit einem unterhält. Dabei möchte der Gastgeber nur, dass man sich entspannt und wohl, wie zu Hause fühlt.

Kommen Gäste eine Stunde zu spät, ist das nicht unhöflich, sondern normal und z.B. bei Feiern sogar üblich und erwartet.

Es ist relativ normal, dass Leute, die nicht im Haus wohnen, ohne anzuklopfen reinkommen und oft noch nicht mal "Hallo" sagen.

"Du bist aber dick geworden" ist nicht als Beleidigung zu verstehen, sondern als selbstverständliche Ehrlichkeit.

Schlaf wird hier weniger respektiert als in Deutschland, man sollte sich also nicht wundern, wenn sich laut unterhalten wird oder es laute Musik gibt, wenn man schläft oder schlafen will.

Lautes Rülpsen ist nicht unhöflich, soweit  ein "Perdón"  folgt.


Das waren ein paar Regeln, die mir in den 10 Monaten, die ich hier bin, aufgefallen sind. Sicher gibt es noch einiges mehr, was ich hier noch nicht mitbekommen habe und vielleicht die ganze Zeit falsch mache.

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