Sonntag, 25. Juni 2017

Kulturschock

Wie schon im letzten Blogeintrag über Höflichkeit in Panama erklärt, gibt es in den verschiedenen Kulturen auch unterschiedliche Regeln. Auch wenn man sich vielleicht irgendwann daran gewöhnt, ständig Fehler zu machen, ist der Prozess der Anpassung anstrengend. Die Reaktion auf diese Konfrontierung mit der fremden Kultur nennt man Kulturschock.

Am Anfang ist man noch fasziniert von den ganzen Unterschieden, die man zwischen der eigenen und der fremden Kultur beobachtet. Ich weiß noch, wie spannend ich die kleinen bunt-gestrichenen Häuser und die laute Musik in den Bussen, wie bewundernswert die Herzlichkeit und Entspanntheit der Panameños, wie lecker das Essen war.

Bald fallen einem dann aber vor allem die Unterschiede auf, die man negativ findet. Der ganze Müll und das viele Fernsehen zum Bespiel. Und die Herzlichkeit wirkt vielleicht irgendwann oberflächlich, die Enspanntheit träge und faul. Und beim Essen ist mir irgendwann vor nur noch aufgefallen, wie ungesund es oft ist. Man beginnt Werte und Traditionen der fremden Kultur in Frage zu stellen und zu kritisieren. 

Das wirklich Anstrengende ist allerdings dass man irgendwann nicht mehr durchsieht. Die ganzen neuen Regeln verwirren einen, man kann die Verhaltensweisen der anderen nicht einschätzen und weiß nicht, wie man sich selber verhalten soll. Dauernd tritt man in Fettnäpchen und macht Fehler, ohne zu verstehen warum das jetzt falsch war. Dadurch fühlt man sich sehr unsicher, gestresst und einsam. Oft kommen noch Sprachschwierigkeiten dazu. Es entstehen Missverständnisse und es ist schwieriger Freundschaften zu schließen. Man weiß nicht, ob das Verhalten einer Person typisch für die Kultur ist, oder speziell zu dem Charakter der Person gehört. Man weiß nicht, was man nachmachen soll und was lieber nicht. Meine Gastschwester zum Beispiel duzt fast alle Leute und am Anfang habe ich ihr das nachgemacht, bis mir aufgefallen ist, dass das eine Eigenheit von ihr ist und nicht zu mir passt.

Muster, die in der eigenen Kultur logisch waren, funktionieren in der neuen Kultur plötzlich nicht mehr. Aus beobachtetem Verhalten zieht man falsche Schlussfolgerungen. Zum Beispiel sollte man nicht daraus, dass man sich gegenseitig Spitznamen gibt, sich zu zehnt ins Auto quetscht, seine Hose schon vor dem Bad aufmacht und sich über seine Tage unterhält, folgern, dass die Beziehung eng genug ist, um sich bei einer kleinen Wasserschlacht etwas nass zu spritzen (eigene Erfahrung!). Oder wieso kann man dem anderen ins Gesicht sagen, dass er dick ist, aber in anderen Situationen muss man sich umständlich indirekt ausdrücken? 

Irgendwann beginnt man, die neuen Handlungsweisen nach und nach zu verstehen und sich sicherer zu fühlen. Nach einiger Zeit kann man sich etwas anpassen und es gefallen einem vielleicht einige neue Verhaltensweisen sogar besser als die der eigenen Kultur und man übernimmt sie. Das ist ein sehr befriedigendes Gefühl, wie ich finde.

Einem wird klar, wie verschieden die Welt in ihren verschiedenen Teilen ist, wie unterschiedlich Kulturen sein können. Alte Sichtweisen werden auf den Kopf gestellt, man lernt, noch so absurd erscheinende Sichtweisen ernst zu nehmen, sie zu akzeptieren, irgendwann zu verstehen und zu übernehmen. Ich finde z.B. rosa mit Glitzer inzwischen nicht mehr schrecklich; und ein Haus brauch nicht unbedingt eine Haustür und Fensterscheiben, da ist vielleicht schöner, das Geld stattdessen für ab und zu mal essen gehen auszugeben. Man muss wirklich an alles mit 0% Vorurteilen und Erwartungen rangehen und offen für alles sein.

Auch wenn dieser Prozess der Anpassung wirklich schwer und hart ist (das ist er wirklich!), bin ich froh, die Herausforderung angenommen zu haben. Zugegebenermaßen wusste ich vor Beginn des FSJ noch nicht, wie groß die Herausforderung tatsächlich ist, aber ich denke ich bin auf dem besten Wege, sie zu bestehen. Umso schöner ist es nämlich,  wenn man sich dann eingefunden hat und die Leute so unvoreingenommen kennen- und lieben gelernt hat.


¡Vorsicht Fettnäpfchen! - Höflichkeit in Panama

Wenn man in einer anderen Kultur ankommt, gibt es oft auch andere Regeln was Höflichkeit und Respekt angeht. Und man braucht lange, um diese Regeln zu verstehen, oder um sie überhaupt mitzubekommen. Ständig passieren einem Fehler, oft auch ohne dass man es merkt. Oder andersrum, man fühlt sich unhöflich behandelt, dabei ist das Verhalten vielleicht ganz normal in der fremden Kultur.

In Panama spielt Respekt eine sehr wichtige Rolle. Das merkt man auch schon allein in der Sprache, statt "Höflichkeit" sagt man eigentlich immer "Respekt" und statt "unhöflich" sagt man  "Respektlosigkeit". Will man höflich sein, behandelt man einen mit viel Respekt. Besonders älteren Leuten sollte man viel Respekt zeigen.


¿Tú o Usted? - Duzen oder Siezen?


Stark damit hängt auch das Duzen und Siezen zusammen. Je nach dem, wie sehr man den anderen als Respektperson sieht, duzt oder siezt man ihn. Das bedeutet keinesfalls, dass man Leute, die man duzt, nicht respektiert, mit denen fühlt man sich nur mehr auf einer Ebene. Und Leute, die man siezt, sind nicht unbedingt fremde Leute, das kann auch die eigene Mutter oder der Ehemann sein. Es hat wenig damit zu tun, wie gut man sein Gegenüber kennt, wirklich eher mit der Stellung der jeweiligen Person. Während es uns Deutschen unpersönlich vorkommen mag, seine eigene Großmutter zu siezen, ist das hier mehr oder weniger ein Muss. Alte Leute werden so gut wie immer gesiezt, sie sind große Respektpersonen, genauso wie Personen, die beruflich eine hohe Stellung haben. Ich sieze meine Gasteltern und alle Gasttanten und -onkels, die über 40 sind. Dafür duze ich, wie alle, den Verkäufer im Chino (Mini-Super). Fast alle spricht man mit seinem Vornamen (oder Spitznamen) an, aber heißt das nicht unbedingt, dass man mit allen vertraut genug für DU ist. Siezt man sein Gegenüber, hängt man oft einfach ein "Señor" oder "Señora" vor den Namen. Oft ist es so, dass zwischen zwei Erwachsenen der eine zum anderen Sie sagt, während der andere einen duzt.

Es wird noch komplizierter: Leute, zu denen man eigentlich Du sagt, siezt man in manchen Situationen auch. Besonders Kindern gegenüber wechselt man stark zwischen Du und Sie. Ja, auch Kinder und Babys (und sogar Hunde) werden hier oft gesiezt. Siez-Situationen sind zum Beispiel beim Schimpfen, Erklären von Regeln, sehr direkte Ansprache einer einzelnen Person aus einer Gruppe. Kinder gegenüber will man oft damit zeigen, dass man eine Respektperson ist und erwartet, gesiezt zu werden.



Was sollte man in Panama lieber nicht machen?


Respekt bedeutet auch, dass man dem anderen nicht zu viele Fragen stellt. Fragen kommen oft so an, als würde man sich in Privatangelegenheiten des Anderen einmischen wollen, den Anderen überwachen oder kontrollieren wollen. "Wohin gehst du, wann kommst du wieder, was hast du gemacht, wer war am Telefon, warum hast du das gemacht,..?" Solche Fragen kann man sich vor allem Respektpersonen gegenüber auf keinen Fall erlauben. Wenn der andere will, dass du es weißt, erzählt er es dir auch ohne dass du fragst, wenn nicht, dann nicht. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man nie Fragen stellen darf. Neutrale Dinge wie "Wo ist die Schere, hat der Laden heute offen, gibt es in Panama Mangos, Schneit es in Deutschland?" kann man natürlich trotzdem stellen. An persönlichen Fragen gelten Fragen wie "Wie geht es dir, wie war es in Panama Stadt, schmecken dir Linsen, gefällt dir Panama?" nicht als unhöflich.

Obwohl man hier ständig mit den Händen ist, ist es unmöglich, sich zu viel die Finger abzulecken. Sie bleiben dann halt dreckig, bis man sie sich wäscht oder abtrocknet. 

Wenn man Husten hat, und so husten muss, dass man den Schleim im Hals hört, sollte man dazu unbedingt auf´s Klo gehen und dort den Schleim ausspucken. 

Als Mädchen oder Frau sollte man sich nicht breitbeinig hinsetzen, oder die Beine zu sehr anwinkeln. 

Wenn man angerufen wird und gerade in einer Gruppe zusammen ist (z.B. auf Arbeit), ist es in Deutschland ja üblich, entweder den Anruf abzulehnen, oder zum Telefonieren aus dem Raum zu gehen, um die anderen nicht zu stören. In Panama würde das aber eher so ankommen, als wollte man etwas verbergen und nicht wollen, dass die anderen einem beim Telefonieren zuhören können.

Wenn einem jemand im Weg ist (z.B. wenn man durch eine Tür durch will, oder eine Schublade aufmachen will), sagt man "permiso" (Erlaubnis). Wenn nicht, kommt das unhöflich an.

Wenn man auf eine Frage mit "Nein" antwortet, gehört eine Begründung dazu, wieso "Nein".

Beim Händeschütteln nicht zu fest zudrücken.



Wann sollte man sich nicht wundern, wenn man das Gefühl hat, unhöflich behandelt zu werden?


Da es unhöflich ist, zu viele Fragen zu stellen, sollte man es nicht als Desinteresse deuten, wenn einen nichts gefragt wird und das Gegenüber stattdessen nur von sich selbst erzählt. Kommt man zum Beispiel von einer Reise zurück und es wird höchstens gefragt "Wie war´s?", ist das keineswegs Desinteresse, sondern Respekt. Es wird erwartet, dass man Einzelheiten von sich aus erzählt.

Bitten werden meist wie ein Befehl formuliert. "Bring mir Wasser!" statt "Kannst du mir bitte Wasser bringen?" Bitte und Danke wird oft weggelassen. Das ist keine Unhöflichkeit, sondern einfach Teil der Sprache oder Kultur.

Wie schon im Eintrag über Essen beschrieben, ist es nicht unhöflich, nicht zusammen zu essen. Und sitzt man doch mal zusammen am Tisch, sollte man sich nicht wundern wenn die anderen anfangen zu Essen, bevor alle etwas auf dem Teller haben. Und man sollte sich auch nicht unhöflich behandelt fühlen, wenn alle aufstehen und einen allein am Tisch zurück lassen, wenn man selbst noch beim Essen ist.

Ist jemand scheinbar mehr in sein Handy interessiert, als in sein Gegenüber, sollte man auch nicht beleidigt sein. Das ist hier (leider) sehr normal und kann auch als Mittel benutzt werden, dass kein gezwungenes Gespräch oder eine peinliche Stille ensteht.

Ähnlich ist es mit dem Fernseher. Wird man zum Beispiel als Gast gefragt, welches Fernsehprogramm man sehen will, kommt einem das als Deutschem so vor, als würde man einfach vor dem Fernseher abgesetzt werden, statt dass man sich mit einem unterhält. Dabei möchte der Gastgeber nur, dass man sich entspannt und wohl, wie zu Hause fühlt.

Kommen Gäste eine Stunde zu spät, ist das nicht unhöflich, sondern normal und z.B. bei Feiern sogar üblich und erwartet.

Es ist relativ normal, dass Leute, die nicht im Haus wohnen, ohne anzuklopfen reinkommen und oft noch nicht mal "Hallo" sagen.

"Du bist aber dick geworden" ist nicht als Beleidigung zu verstehen, sondern als selbstverständliche Ehrlichkeit.

Schlaf wird hier weniger respektiert als in Deutschland, man sollte sich also nicht wundern, wenn sich laut unterhalten wird oder es laute Musik gibt, wenn man schläft oder schlafen will.

Lautes Rülpsen ist nicht unhöflich, soweit  ein "Perdón"  folgt.


Das waren ein paar Regeln, die mir in den 10 Monaten, die ich hier bin, aufgefallen sind. Sicher gibt es noch einiges mehr, was ich hier noch nicht mitbekommen habe und vielleicht die ganze Zeit falsch mache.

Donnerstag, 22. Juni 2017

Hygiene, Pflege, Krankheit

Es ist das ganze Jahr über schwül-heiß, man schwitzt also viel. Deswegen ist es üblich und selbstverständlich, sich jeden Tag mindestens zwei Mal zu duschen. Auch gerne drei Mal, aber weniger als zweimal gilt als unhygienisch. Statt Duschgel wird übrigens Kernseife benutzt.

Klamotten
Oberteile werden täglich gewechselt. Auch Hosen wechseln viele jeden Tag. Oft hat man sogar an einem Tag mehrere Outfits an.

Haare
Haare sind im Optimalfall glatt und gekämmt. Lockere Frisuren oder Locken passen nicht in das Schönheitsbild der Panameños, ebenso wenig wie kurze Haare bei Mädchen und Frauen oder längere bei Jungs und Männern. Fettige Haare sind nicht so schlimm. Es ist sehr beliebt, sich die Haare zu färben, zu glätten, Strähnen machen zu lassen oder eine langanhaltende Rundum-Behandlung, die die Haare glatt macht. Männer sind eigentlich fast immer rasiert und haben nur selten einen Bart.

Gesicht
hier wurde ich mal
geschminkt
Gilt für Frauen: Schminke wird im Normalfall sehr viel benutzt. Es geht meist nicht darum, unauffällig etwas hervorzuheben, sondern darum, möglichst viel Farbe ins Gesicht zu bringen. Am Anfang habe ich oft nicht geglaubt, dass die Portion Schminke ernst gemeint war, aber inzwischen habe ich mich an die knallroten Lippen und den intensiven Lidschatten gewöhnt. Auch kleine Mädchen werden zu besonderen Anlässen mal geschminkt. Ansonsten werden auch gerne Sachen im Gesicht längerfristig verändert. Augenbrauen zupfen ist ganz normal, aber auch Wimpern pflanzen oder Pigmentierung der Haut unter den Augenbrauen ist nichts Besonderes.


Aktion in Valórate am "Tag der Mädchen"
Die Mädchen wurden frisiert, geschminkt und haben lackierte Nägel bekommen. Und alle mussten rosa tragen.

Häusliche Hygiene
Hängt natürlich ganz schön vom Haushalt ab, oft ist es aber generell dreckiger in den hiesigen Häusern als in Deutschland. Es wird zwar sehr häufig geputzt, aber man geht zum Beispiel auch immer mit Schuhen durchs ganze Haus, wodurch auch alles schneller wieder dreckig wird. Schimmel im Bad, Ameisenstraßen an der Wand, sowie Geckos im Küchenschrank sind ganz normal und manchmal läuft einem die ein oder andere Kakerlake über den Weg. Insgesamt fühlt sich alles sehr wie Camping an, man muss Essensreste zum Beispiel immer gut verpacken und kann nichts offen stehen lassen.

Fitness
Man kann es schon so einfach sagen: Der durchschnittliche Panameño ist dicker als der durchschnittliche Deutsche. Das liegt einerseits natürlich an der ungesünderen Ernährung und andererseits daran, dass Sport weniger beliebt ist. 
Allerdings ist schlank-sein auch nicht unbedingt das Ziel aller Panameños. Zwar wollen die meisten auch nicht dick sein, und wollen ihren Bauchspeck loswerden, aber das lange und dünne Schönheitsideal wie es in Deutschland gilt, herrscht hier auch nicht. Frauen wünscht man sich möglichst kurvig und "mit ein bisschen was dran".

Gesundheit
Das Schreckgespenst der Panameños ist eindeutig der Regen. Wenn man krank ist, ist der Regen dran Schuld und die übliche Reaktion ist, so viel Medizin wie möglich zu nehmen. Antibiotika sind hier ganz normale Mittel, die auch für kleine Erkältungen selbstverständlich verschrieben werden. Außerdem noch jede Menge Tabletten; hingegen Hausmittel wie z.B. Inhalieren, sind nicht besonders beliebt.

Krankheiten
Im Prinzip gibt es hier die gleichen Krankheiten wie in Europa auch, Schnupfen, Grippe, etc. Durchfall ist bei Ausländern etwas häufiger.
In Panama kommen auch ein paar tropische Krankheiten vor (Dengue-Fieber, Gelbfieber, Zika-Virus, sehr selten Malaria). Wirklich mitbekommen habe ich aber bisher nur einen Fall von Dengue-Fieber.

Arzt und Krankenhaus 
Es gibt verschiedene medizinische Einrichtungen, z.B. Kliniken, Krankenhäuser, Gesundheitszentren. Ich war ein Glück noch nie ernsthaft krank in Panama, weswegen mir der Einblick in die verschiedenen Einrichtungen fehlt. Ich glaube, sie unterscheiden sich vor allem darin, wie man versichert ist, wie teuer sie sind und wie lange man warten muss (manchmal bis zu 6 Stunden Wartezeit). Die Standards sind insgesamt niedriger als in Deutschland. Oft muss man auch weit fahren, um zum nächsten Arzt zu kommen, vor allem wenn es sich um eine kompliziertere Krankheit oder Verletzung handelt.



Kleinigkeiten
  • Kontaktlinsen und Kontaktlinsenflüssigkeit kann man auch in Panama finden, es ist allerdings schwieriger als in Deutschland. Sie werden vor allem zur Veränderung der Augenfarbe benutzt.
  • In geschlossene Schuhe streut man sich hier Puder, damit die Füße nicht stinken.
  • An Straßenränden, in Gräben, im Garten und überall ist herumliegender Müll ein normaler Anblick.
  • In Panama findet man in den Läden nur sehr schwer Tampons.
  • Zum Putzen wird fast immer Chlor oder Alkohol verwendet.
  • Das Klopapier wird meist nicht ins Klo, sondern in einen Eimer daneben geworfen.
  • Läuse sind sehr viel stärker verbreitet als in Deutschland und Bettwanzen in Hostels gibt es leider auch ab und zu.


Sonntag, 4. Juni 2017

Lebensstandard und Geldangelegenheiten

Wie leben die Panameños, was ist hier Standard und was Luxus?

Diese Fragen kann man natürlich nicht allgemein beantworten, wie in jedem anderen Land auch, gibt es auch hier Unterschiede der Lebensstandards, des Einkommens und wie gut man damit hinkommt. Aber an ein paar Beispielen, kann man vielleicht ein klareres Bild herstellen.

Je näher man an der Zivilisation lebt, desto höher sind meistens die Standards. Leute, die auf dem Land leben sind oft ärmer, als die aus dem Dorf und diese ärmer als die aus der Stadt.  Am ärmsten sind meist die indigenen Völker, das kann man leider so einfach sagen. Oft gibt es Probleme mit ausreichender Ernährung und für Schulmaterialien oder Medizin reicht es auch oft nicht. In den Comarcas (Verwaltungsgebiet von indigenen Gruppen) gibt es oft weder Strom noch fließend Wasser. Häuser bestehen oft aus zusammengenagelten Brettern, Stoffen und einem Blechdach und Lehmboden.

Der "durchschnittliche" Panameño hat aber meist etwas mehr Geld. Es wird insgesamt viel offener mit Geldangelegenheiten umgegangen, zum Beispiel damit, wie viel man verdient. Meine Kolleginnen verdienen umgerechnet 440 Euro pro Monat - bei ähnlichem Preisniveau wie in Deutschland - und müssen davon noch Versicherung bezahlen. Übrig zum Leben bleibt nicht viel. Für das Nötigste reicht es, aber oft auch nicht für mehr.

Es ist dabei interessant zu sehen, wie Präferenzen gesetzt werden, für was Geld ausgegeben wird. Smartphone und Fernseher hat fast jeder, während aber z.B. das Haus nur halb verputzt ist, ein Blechdach hat und Haustür und Fensterscheiben fehlen, sodass es zu allen Seiten offen stehtReisen und große Familienausflüge sind eindeutig Luxus, ganz viel Geld gibt man dafür aber für Feiern aus. Während in Deutschland Schreib- und Essenstisch zu jeder Wohnung dazugehören, war ich hier schon in Häusern, wo es keinen einzigen Tisch gab, da ist z.B. ein Ventilator oder eine Klimaanlage wichtiger. Statt 10 Minuten zu laufen, bezahlt man lieber den Dollar für das Taxi, aber zum Beispiel für gesundes Essen will man kein extra Geld ausgeben.
Spülmaschinen gibt es kaum und die Waschmaschinen sind oft sehr brutal und bewirken nicht so viel, weswegen viel per Hand gewaschen wird. Was Autos angeht, gibt es viele Schrottkarren, aber auch viele große und teuere Autos.

Die beiden üblichen Währungen sind der US-Dollar und der panamesische Balboa, der vom Wert 1:1 zum US-Dollar ist.

Mit der Visa-Karte (z.B. der DKB) kann man am Bankautomaten für eine Gebühr von ca. 5$ Geld abheben und in größeren Läden kann man sie auch zum bezahlen benutzen.

Jeder kennt das Datum, an dem gezahlt wird und Ausflüge, Speiseplan und Einkäufe werden dementsprechend geplant. Ich habe das Gefühl, am Anfang jeder Zahlungseinheit wird immer ganz viel Geld ausgegeben (z.B. shoppen gehen) und gegen Ende wird es dann knapp und es zählt jeder Viertel-Dollar. So ist es schon einige Male passiert, dass ich Ende des Monats geschickt wurde, um einzelne Scheiben Käse zu kaufen, für mehr hat es gerade nicht gereicht. Oder man hat Probleme, den Bus zur Arbeit zu bezahlen oder das Geld fürs Frühstück aufzutreiben.

Schlange vor der Bank am Zahltag. Alle heben sofort Geld ab, weil sie es sofort brauchen.

Für mich ist so ein Jahr in einem ärmeren Land eine Erfahrung um die ich froh bin, sie zu machen. Für die Leute, die es ihr Leben lang betrifft, ist ein Zustand der ihnen das Leben schwer machen kann. Für mich ist es häufig unverständlich, wie hier Geld ausgegeben und wie gespart wird, hier gehört es zu der Kultur dazu.
Ich finde bewundernswert, wie gerne Panameños schenken und einladen, obwohl sie selbst oft so wenig haben. Auch an fast fremde Leute wird gegeben, wenn man merkt, dass sie es brauchen, oder auch einfach nur um eine Freude zu machen.



Drei kleine Ergänzungen was mir in letzter Zeit in Panama noch aufgefallen ist:


- es gibt ganz viele Tage oder Monate mit einem bestimmten Thema und das wird gerne durch Veranstaltungen und Verkleidungen gefeiert. Außer den typischen Tagen, wie Valentinstag, Muttertag, etc. zum Beispiel: Oktober = Monat des Brustkrebses, Mai = Monat der Schwarzen Ethnie. 22. April = Tag der Erde
- Kaufen bei Straßenhändlern ist viel beliebter und oft auch günstiger
- man bezeichnet sich sehr schnell als Freunde, auch wenn man sich nur durch ein kurzes Gespräch kennt und noch nicht mal den Namen des anderen weiß. 
PS: Schöne Pfingsten euch! Hier in Panama wird Pfingsten nicht groß gefeiert.