Sonntag, 12. März 2017

Karneval und noch mehr Reisen

Die letzten 2 Wochen waren bei mir  ziemlich spontan und ganz schön chaotisch, aber doch echt toll.

Angefangen hat alles mit Karneval. Karneval in Lateinamerika hat ja in Europa einen ganz großen Ruf und auch hier in Panama wird seit Januar nur noch von Karneval geredet. In meiner Sportgruppe war die Motivation zum Anstrengen immer "es kommt Karneval, es kommt Karneval", alle wollten bis zum heißersehnten Zeitpunkt einen tollen Körper präsentieren können. Schon in meiner Anfangszeit hier in Panama haben die Leute, nachdem sie gehört haben, dass ich ein ganzes Jahr bleibe, gesagt wie schön das doch wäre, dann bin ich ja auch zu Karneval da. Und den ganzen Februar über war Karneval das Gesprächsthema Nummer 1, Klamotten kaufen für Karneval, Karneval im Radio, Karneval überall. Mit wurde erklärt, dass während der vier Karnevalstage alle verrückt sind, man lernt ganz andere Seiten der Personen kennen und alles ist anders als sonst, alles ist eine einzige "locura" (=Verrücktheit).

In ganz Panama sind die Zentralprovinzen die Gegend, wo Karneval am größten gefeiert wird, also vor allem die Halbinsel Azuero, auf der ich auch wohne. Deshalb ist auch Hannah aus Westpanama für die Tage zu mir nach Pesé gekommen. Da es meiner Gastfamilie zu dieser chaotischen Zeit nicht so recht war, wenn Hannah bei uns schläft, haben wir die Tage bei meiner Kollegin Marlenis in Pesé gewohnt. 

Karnevalskönigin in Las Tablas
Was so richtig an Karneval gemacht wird und was es für Aktionen gibt, hatte ich  nie wirklich verstanden und war nach den  ganzen Ankündigungen schon echt ganz schön gespannt. Ich wusste, dass Wasser, Alkohol und Königinnen und eine ganze Menge Menschen eine Rolle spielen.
Jetzt im Nachhinein, würde ich die 4 Tage als eine Mischung aus Riesen-Wasserschlacht, Riesen-Party und Defilee beschreiben. Tagsüber (ca. 10 bis 17 Uhr) gibt es immer die sogenannten Culecos. Auf dem zentralen Platz der jeweiligen Stadt oder des Dorfes versammeln sich viele Menschen und erfreuen sich an den verschiedenen Attraktionen. Diese sind: Essensstände, Bühnen von denen aus Wasser, Schaum und Werbegeschenke in die Menge geworfen werden, laute Musik und vorbeifahrenden Wägen mit den Karnevalsköniginnen darauf. Es gibt pro Städtchen immer zwei Königinnen, "calle arriba" und "calle abajo", die jeweils Konkurrentinnen sind. Es gibt zwar keinen wirklichen Sieger am Ende, aber man versucht immer schönere und aufwendigere Wägen, Kostüme, Schminke, etc. zu haben als die andere Königin.

Freitag Nacht werden die Königinnen "gekrönt", das heißt die Königin des vergangenen Jahres weiht die neue Königin ein und setzt ihr die Krone auf. Zusammen mit zwei Kolleginnen habe ich mir die Krönungen in Parita und La Villa de Los Santos angeschaut. In Parita war es echt ganz nett, allerdings dachte ich danach, dass wir wieder nach Pesé fahren und habe meine schon den ganzen Tag über störenden Kontaktlinsen weggeworfen. Dann ging es aber noch weiter nach Los Santos, wo ich dann wegen meine großen Sehschwäche fast blind die Nacht verbracht habe, immer an der Hand meiner Kollegin, damit ich sie zwischen den ganzen Menschen nicht verliere. Naja, ein bisschen peinlich und von den Königinnen habe ich so auch nichts gesehen.

Samstag bis Dienstag, die vier Karnevalstage, haben verschiedene Motti, zB. Gala, oder Fantasie oder Typisch (Pollera), zu denen dann die Aufmachung passen muss. Die Wägen fahren also ihre Runde, die Königinnen tanzen, winken und werfen Küsse, und die Wägen mit Trommel- und Blasorchester fahren hinterher. 
Karnevalswagen in Las Tablas




Wenn gerade kein Wagen vorbeifährt, lässt man sich von Wasserschläuchen nassspritzen, tanzt und trinkt. Wenn man es darauf ankommen lässt, landet man völlig durchnässt, eingequetscht zwischen ganz vielen betrunkenen Menschen, die ganz knappe Anziehsachen anhaben und mit dem Popo wackeln und versteht seinen Nebenmann vor lauter Musik nicht. Bis auf das Nassspritzen jetzt alles nicht so mein Ding, aber trotzdem waren wir zweieinhalb Mal auf Culecos. Einmal in Las Tablas, dem größten und verrücktestem Karnevalort Panamas, einmal in La Villa de Los Santos wo es auch relativ bekannt ist, und in dem etwas ruhigeren Ort Parita, allerdings waren dort die Culecos kostenpflichtig und auch schon so gut wie vorbei als wir ankamen.

Culecos in Las Tablas

Am Nachmittag beginnen sich langsam die Straßen mehr oder weniger zu leeren und es wird etwas aufgeräumt.

Hinterlassenes Schlachtfeld in Parita

Gegen Mitternacht sind dann aber wieder alle Menschen draußen und erwarten die Karnevalsköniginnen auf ihren Wägen. Es gibt ein Feuerwerk und gegen 2 oder 3 Uhr morgens gehen alle nach Hause. Hannah und ich waren mit Marlenis zwei Mal in Parita die Königinnen anschauen und einmal in Los Santos, wo sie allerdings spontan nicht herumgezogen sind. Abgesehen davon, dass die Wägen und Kostüme vielleicht noch etwas aufwändiger sind, hat Karneval in der Nacht aber meiner Meinung nach sehr einem typischen Defilee geähnelt.

Karneval bei Nacht

Außerdem gibt es nachts die sogenannten PHs, darüber kann ich allerdings nicht viel berichten, da ich auf keinem war. Alles was ich weiß ist, dass es wohl ähnlich wie eine Disko im Freien ist.

Das Gegenprogramm zum Karneval sind die sogenannten "retiros" (=Rückzug), wie ein Ferienlager für Jugendliche, organisiert durch die Kirche. Man will nicht bei dem Karnevals-Wahn mitmachen und trifft sich zum Spiele spielen, reden und beten. Wir hatten durch die Tochter von Marlenis die Möglichkeit, für 2 Stunden mit zu so einem Retiro zu kommen und haben somit einen kleinen Einblick bekommen. Es wurde gerade Baseball gespielt, wir haben allerdings nur zugeschaut.
Ansonsten waren Hannah und ich mit Lissy (einer anderen Kollegin) und deren Großfamilie zusammen an einem Fluss baden. Vorher war ich schonmal für einen Tag mit der Kollegin dort und es hat mir super gut gefallen, weswegen wir dem Angebot gefolgt sind, über Karneval mal mit dort zu übernachten. Den Tag haben wir mit Volleyball im Fluss spielen, ins Wasser springen und mit interessanten Diskussionen verbracht. Alle waren richtig nett und es war ein toller Tag.

mit Hannah und einem Freund beim
Karneval in Las Tablas
So haben wir eigentlich die beliebtesten Beschäftigungen während Karneval mal ausprobiert: carnevalear, retiro und río - feiern, sich zurückziehen und im Fluss baden. 
Ich finde ein bisschen, dass im Vorhinein etwas übertrieben wurde wenn von Karneval gesprochen wurde. Es war zwar schon eine riesengroße Angelegenheit, aber verglichen mit dem Trara was darum gemacht wurde, auch nicht so krass.

Wir haben viel spontan erlebt und gesehen und ich bin echt froh über meine tollen Kolleginnen, die so gastfreundlich sind und durch die wir so viel herumgekommen sind. Die Zeit mit Hannah bei Marlenis zu wohnen war toll, ganz ohne Fernsehen, stattdessen mit Baseball spielen, Tanzstunden, zusammen kochen und singen und mit ganz viel lachen.






Am Aschermittwoch sind Hannah und ich spontan einen Tag früher als geplant nach Santa Fé aufgebrochen. Das ist ein Dorf in den Bergen nördlich von Santiago und soll von schöner Natur und vielen Wasserfällen umgeben sein. Mehr wussten wir zwar nicht, aber nach 4 Stunden Fahrt und nachdem wir uns ein Hostel rausgesucht hatten, wurden uns schon viele Ausflugs-Empfehlungen gegeben. 

erster Eindruck in Santa Fé: Regenbogen

Unser erster Tagesausflug hat uns erst zu einem Wasserfall und dann in ein indigenes Dorf geführt. Dort gab es außer einer Schule, ein paar Häusern und einem Lehrplakat über die im dortigen Dschungel lebenden Jaguare nicht viel. Wir haben vor allem auf den Bus gewartet, der uns bei drei weiteren Wasserfällen abgesetzt hat. Hier hatten wir das Glück, dass uns ein Indianerjunge durch den Dschungel zu den verschiedenen Wasserfällen geführt hat. Wir waren super beeindruckt wie schön sie waren - da hatten wir allerdings noch nicht die Wasserfälle vom nächsten Tag gesehen.


An diesem Tag sind wir mit dem Bus ein ganzes Stück aus Santa Fe heraus gefahren, zu einem Ort wo laut einer Empfehlung ein toller Wasserfall in 45 Minuten Entfernung liegt. Zu unserer Enttäuschung mussten wir dann aber feststellen, dass angegebe Zeit nicht wie gedacht zu Fuß, sondern mit dem Auto war und sind wieder zurück Richtung Santa Fe gefahren, mit der Bitte an den Busfahrer, uns an einer Stelle rauszulassen, wo er denkt dass es schön ist. Gelandet sind wir an einem Wegweiser zu Wasserfällen, dem wir hoffnungsvoll gefolgt sind. Auf dem Weg trafen wir eine Familie, der wir uns angeschlossen und mit denen zusammen wir eine Tour mit vielen verschiedenen Wasserfällen gemacht haben. Und was für Wasserfälle! Mal in einer Höhle, mal über 15 m hoch, mal mit mehreren Stufen. Es waren tolle Ausblicke und schöne Badestellen dabei. Unser großes Glück war auch die Familie, ohne die wir nie zu den ganzen Wasserfällen gefunden hätten.

Eine kleine Bild-Auswahl der ganzen verschiedenen Wasserfälle

Der nächste Tag begann mit Regen der nicht nach baldigem Ende aussah, weswegen wir Santa Fé verließen, ohne wirklich zu wissen wohin mit uns. Schließlich sind wir nach San Felix gefahren, was meiner Meinung nach, abgesehen von dem großen Teil indigener Bevölkerung, nichts zu bieten hat. Von dort aus sind Hannah und ich wieder jeder nach Hause gefahren und ich am nächsten Tag direkt nach Panama Stadt weiter, um dort mein Visum abzuholen.

Der Aufenthalt in der Migration ist für panamesische Verhältnisse sehr reibungslos verlaufen, alle aus unserer Gruppe hatten an ihren Reisepass gedacht und sich auch noch irgendwie lange Hosen besorgen können. Nach "nur" 6 Stunden warten, waren wir dran und haben 20 Minuten später alle mit Visum die Migration verlassen.

mein Visum
Das erste halbe Jahr waren wir in Panama durch den Regristierungsstempel in unserem Reisepass legal in Panama. Als die 6 Monate abgelaufen waren, waren wir nur halb legal hier, mit dem Nachweis dass die Visas in Bearbeitung sind. Einige unserer Gruppe wurden in diesem Zeitraum von der Polizei kontrolliert und mit auf das Migrationsamt genommen, weswegen ich jetzt ziemlich froh bin, endlich mein Visum zu haben.


Nach diesem Dienstag in der Migration hatte ich noch bis Sonntag frei, da die angestellten Valórate-Mitarbeiter auf einer Weiterbildung waren. Meine Pläne, diese freie Zeit zu nutzen, haben 3 Mal gewechselt und schließlich habe ich spontan beschlossen, noch etwas in Panama Stadt zu bleiben. Ich habe also mal einen etwas anderen Reisestil ausprobiert. Mit dem Gepäck für einen Tag bin ich 5 Tage in dem Hostel geblieben und habe Ausflüge mit anderen Alleinreisenden gemacht. Im Hostel und an den touristischen Orten trifft man zahllose Backpacker die gerade auf Zentralamerika-Reise sind und zu spontanen Ausflügen gern bereit sind.
So habe ich mir einen Großteil der Sehenswürdigkeiten von Panama Stadt mit internationaler Begleitung angeschaut.


Parque Natural Metropolitano

Parque Natural Metropolitano: Park mitten Panama Stadt mit angelegten Wegen durch den Regenwald und Aussichtspunkt über die Stadt. Mit Glück kann man hier z.B. Faultiere, Affen, Ameisenbären, Agutis, etc. sehen, ich bin allerdings nur mit Schildkröten und Vögeln begegnet.

Reserva Cerro Ancon

Reserva Cerro Ancon: Hügel in der Stadt mit riesiger Panama-Flagge auf der Spitze. Es ist einer der beliebtesten Aussichtspunkte und auch auf dem Weg nach oben kann man mit Glück spannende Tiere sehen (ich hatte leider kein Glück).

Panama Viejo

Panama Viejo: hier haben vor 500 Jahren die Spanier ihre Stadt aufgebaut. Es war Ausgangspunkt für Schiffe und Handelspunkt von Rohstoffen wie Gold. Nachdem Panama Viejo (altes Panama) von Piraten zerstört wurde, baute man 2km entfernt die neue Stadt auf. Von Panama Viejo sind jetzt nur noch Ruinen übrig.


Panamakanal (die Schleusen "Miraflores")

Panamakanal: die wahrscheinlich berühmteste Sehenswürdigkeit Panamas sind die Schleusen des Kanals, die Miraflores. Hier habe ich zugeschaut, wie 3 Schiffe durch die Schleusen fuhren.

auf dem Baumwipfelturm in Gamboa im Soberiana-Nationalpark

Gamboa: 20 Kilometer nördlich von der Hauptstadt, umgeben vom Kanal, dem Gatunsee und Regenwald liegt das Dorf Gamboa. Ich bin mit einer französischen Studentin hingefahren. Das Dorf selbst ist sehr verlassen, wir haben ziemlich lange nach jemandem gesucht, der uns sagen konnte was es überhaupt zu sehen gibt. Schließlich haben wir den Weg des "Oleoducto" gefunden, ein Wanderweg der nach ca. 2 Kilometern am "Panama Rainforest Discovery Center" vorbei führt. Hier gibt es einen Baumwipfelturm, eine Kolibri-Station, Aussichtspunkte und einen schönen Ausblick auf einen Arm des Gatunsees. Dort habe ich auch endlic ein paar Tiere gesehen, neben Kolibris auch einen Ameisenbären und einen Aguti. Es war letztendlich ein sehr lohnenswertes und auch touristisches Ziel, was uns nach der Ratlosigkeit der Leute im Dorf positiv überrascht hat.

Am letzten Abend war ich mit ein paar anderen Leuten aus dem Hostel nochmal auf dem 62. Stock des Hardrock Hotels um den Ausblick über die Großstadt bei Nacht zu genießen. Da ich im Dezember ja schonmal oben war, war es zwar für mich nichts neues, aber es hat riesig Spaß gemacht, mit jungen Leuten von der ganzen Welt unterwegs zu sein. 

Zwei andere bekannte Sehenswürdigkeiten - das Casco Viejo und die Cinta Costera - hatte ich ebenso schon im Dezember gesehen und deswegen diesmal weggelassen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Touristen Programm was ich in der Hauptstadt gemacht habe und habe Bekanntschaft mit Leuten aus Frankreich, Grönland, Spanien, Chile, Kolumbien, Spanien, Finnland, Israel, USA, Kanada, Niederlanden, Argentinien und mit anderen Deutschen gemacht. Mit einem großen Sprachknoten im Kopf bin ich  Samstag wieder nach Pesé gefahren.




Neue Auffälligkeiten

Es ist unhöflich oder respektlos, anderen (vor allem Älteren) zu viele Fragen über ihr Verhalten zu stellen
zum Beispiel: 
- Wohin gehst du?
- Wem hast du grade "Hallo" gesagt?
- Wer war das grade am Telefon?
- Was hast du heute vormittag gemacht?
- Wann kommst du wieder?
Solche Fragen gelten als Angriff auf Privatangelegenheiten und sollte man deshalb vermeiden.

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