Samstag, 3. Dezember 2016

November in Panama und Reise nach Boquete

Der Monat Panamas

November ist hier der "mes de la patria" also der "Monat des Vaterlandes" und wird auch als Geburtstmonat Panamas gesehen. Es gibt einige Feiertage, die mit der Geschichte Panamas zu tun haben. 

3. November: Abspaltung Panamas von Kolumbien
4. November: Tag der Flagge
5. November: Seperationsbewegung in Colón
10. November: Schrei der Unabhängigkeit in Los Santos
28. November: Unabhängigkeit von Spanien

Bis auf den 4. November, sind alle diese Tage in ganz Panama frei. In vielen Orten gibt es Defilees, am größten sind die Umzüge am 10. in Los Santos und am 28. in Boquete.

Alle öffentlichen Gebäude, also zum Beispiel Schulen, Krankenhäuser oder Polizeistationen, sind den ganzen November über in den Farben Panamas (blau-weiß-rot) geschmückt. Auch wir haben in Valórate Girlanden und Fahnen aufgehängt und die Kinder haben ein Gedicht über die Flagge Panamas gelernt. 



Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Panameños sehr nationalstolz sind. Sie sind stolz auf alles typische, auf ihr typisches Essen, die typische Kleidung, typische Musik, die typischen Tänze und sie leben diese typischen Sachen auch sehr aus. Während in Deutschland nicht so oft Bratwurst mit Sauerkraut gegessen wird, oder sich die Jugend in Lederhose oder Dirndl kleidet, wird hier schon sehr oft das Nationalgericht gegessen und typische Kleidung angezogen. In Schulen wird jeden Montag die Nationalhymne gesungen und die Flagge gehisst. 

Im November ist dieser Stolz nochmal besonders groß. Am 1. November hatten viele eine Panama-Flagge mit "Feliz cumpleaños, Panama" als WhattsApp-Profilbild. Es gab in meinem Projekt einen typischen Morgen, von dem ich schon im letzten Blogeintrag berichtet habe und unabhängig davon einen Tag, an dem alle Kinder und Erzieherinnen in typischer Kleidung und Schmuck zu Valórate gekommen sind. Bestimmt variiert dieser Stolz auch je nach Region, hier in Azuero scheint er jedenfalls sehr groß zu sein.

Boquete

Fast alle freien Tage habe ich am Strand verbracht, war, wie ich schon erzählt habe, am Playa Venao und in Pedasi. Am 28. November und das Wochenende davor bin ich allerdings für drei Tage nach Boquete gefahren, um dort meine Freundin Hannah aus Deutschland zu besuchen und das berühmte Defilee anzuschauen. Die Freude war natürlich riesig, als Hannah und ich uns wiedergesehen haben.

Wir sind ziemlich gleich nach meiner Ankunft aufgebrochen um auf einen Aussichtspunkt hoch zu wandern und dadurch ein bisschen der Natur zu sehen. Der Weg war sehr abenteuerlich, ging steil Berg auf, durch Gestrüpp und war oft kaum zu erkennen. Genau das Richtige für uns! 


an Baumruinen vorbei, unter umgefallenen Bäumen durch und beim Kochbananen ernten
Aussicht auf Boquete


Am Nachmittag sind wir noch ein bisschen durch Boquete gelaufen, Hannah hat mir touristische Stationen des Städtchens und ihren Arbeitsplatz gezeigt. Ich bin ziemlich begeistert von einem Kunstmarkt, auf dem Taschen, Schmuck und Kleinkrams, alles in sehr bunt, verkauft wird. 


Kunstmarkt

Auch am Sonntag haben wir ein bisschen Natur Panamas erkundet. Wir sind durch den Regenwald zu einem versteckten Wasserfall gewandert. Es war schon sehr beeindruckend, was man alles sehen konnte, die dicken Bäume, ganz viele Lianen, riesige Bambus- und Farnpflanzen und wir konnten die Affen brüllen hören. Auch die Busfahrten sind immer sehr spannend, man sieht viel von der Gegend, zum Beispiel sind wir an mehreren Indianerdörfern vorbeigefahren.




Am Abend haben wir uns noch eine Pferdeparade und einen Fackelmarsch angeschaut, die Eröffnung des Defilees was am nächsten Tag stattfinden sollte.
Dieses "desfile de bandas" am 28.11. in Boquete ist in Panama sehr bekannt und normalerweise kommen wohl sehr viele Leute aus dem ganzen Land nach Boquete um es sich anzuschauen. Dieses Jahr war der Präsident Panamas da, aber aufgrund des Regens kamen ansonsten vergleichsweise wenige Leute. Hannah und ich waren abgesehen von einer längeren Mittagspause den ganzen Tag dort. Vormittags, als auch noch das Wetter gut war und die Ohren noch nicht so abgenutzt, hat mir das Defilee eigentlich ganz gut gefallen. Am Abend hatte ich dann aber schon sehr viele in Uniform marschierende Menschen gesehen und  lautes Getrommele gehört, sodass es für mich eher langweilig war. Wir sind mit der Familie aber noch bis zum Ende dageblieben.




Am nächsten Morgen ging es für mich wieder zurück nach Pesé, wo noch ein halber Restarbeitstag auf mich gewartet hat.

Boquete liegt in der westlichen Region Chiriqui, in den Bergen. Bevor ich dorthin gefahren bin, wurde mir hier von vielen Leuten angekündigt, wie anders und besonders dieses Städtchen doch ist. Das erste was einem hier zu Boquete einfällt, ist dass es kalt ist. Dann noch, dass es Blumen und Erdbeeren gibt und Kaffe und andere Lebensmittel angebaut werden. Dementsprechend sind auch die touristischen Attraktionen, es gibt einen botanischen Garten mit Blumen, außerdem bekannt ist auch ein Café in dem man Erdbeeren essen kann. Für Europäer sind diese Stationen jetzt nicht so besonders, aber es war trotzdem total schön, sich diese Seite Panamas anzuschauen. Mich hat am meisten die Natur beeindruckt, die ist in und um Boquete echt wundervoll. Die Stadt selbst (inklusive dem Kunstmarkt 😊) hat mir auch sehr gefallen, auch weil es relativ viele Freizeitangebote gibt.

Hier sind ein paar Unterschiede, die mir an Boquete im Vergleich zu meiner Gegend aufgefallen sind:
- es ist etwas kälter (statt durchschnittlich 29°C sind es ca. 23°C). Auf die Handschuh-Empfehlungen, die man in Pesé für Boquete bekommen kann, muss man also nicht hören.
- nachmittags ist es sehr oft nebelig
- es gibt Felder, auf denen Lebensmittel angebaut werden
- es gibt Blumen
- es gibt viel mehr Ausländer
- es gibt viel mehr Indianer (Ngöbe-Bugle)
- Taxen sind innerhalb der Stadt nicht teurer als Busse
- der Ort ist mehr auf Touristen ausgelegt


Der November ist vorbei

meine Chefin beim Öffnen
des Adventskalenders
Inzwischen ist die blau-weiß-rote November-Dekoration gegen rot-weiß-grüne Weihnachts-Dekoration ausgetauscht. Ich habe meiner Familie und meinen Kolleginnen Adventskalender gebastelt und wir haben mit den Kindern in Valórate schon eine Weihnachtsfeier gefeiert. Ansonsten fühle ich mich gar nicht weihnachtlich oder adventlich. Ich habe den Eindruck, dass hier im Dezember viel von Faulheit geprägt wird. Das Jahr ist fast aufgebraucht und den Satz "Tengo pereza" (=ich habe Faulheit/ich habe keine Lust) hört man andauernd. Es kommen kaum noch Kinder nach Valórate und die, die kommen werden eine halbe Stunde früher wieder nach Hause geschickt. 
Weihnachten und der am 8.12. anstehende Muttertag bewirken, dass die Geschäfte und Straßen voller sind und mehr Polizei zu sehen ist (weil die Leute mit mehr Geld unterwegs sind). Man gibt gerne mehr Trinkgeld, weil Dezember die Zeit des Gebens ist. Die Valórate-Kinder bringen uns Erzieherinnen statt Hausaufgaben Geschenke mit. Ich habe das Gefühl, dass der Dezember für mich ein sehr fauler Monat mit viel Essen wird.
Für mich gibt während diesem Monats eine Veränderung in der Gastfamilie. Mein Gastbruder mit Frau und 1-jährigem Sohn wohnt noch mit im Haus, da die Babysitterin des Kindes im Dezember keine Zeit für das Kind hat. So wird er hier im Haus von meiner Gastschwester, und sobald ich Ferien habe auch von mir, beaufsichtigt.


Neue Auffälligkeiten

- Mädchen- und Jungsklischees sind sehr stark ausgeprägt (z.B. rosa und blaues Spielzeug)
- Fremdgehen ist hier üblicher
- Schultaschen werden selten auf den Boden gestellt, eher auf Tische oder Stühle
- man nimmt wenn man krank ist, schnell starke Medikamente oder geht ins Krankenhaus
- Regen wird als etwas sehr gefährliches angesehen. Schon die kleinsten Tropfen könnten einen sofort krank machen
- "Danke" und "Bitte" sind nicht immer selbstverständlich, dafür sollte man immer "Permiso" (=Erlaubnis) sagen, wenn man irgendwo vorbei möchte und einem jemand im Weg steht.
- auf Schlaf wird oft weniger Rücksicht genommen (z.B. mit leise sein)
- in Pesé gibt es kaum Blumen
- statt Spülmittelflaschen wird hier oft festes Spülmittel in einem Töpfchen benutzt.

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